Gedanken zum Jakobustag 2016

 

 

 

 

Von der jüdischen Schriftstellerin Nelly Sachs stammt folgendes Gedicht:

Alles beginnt mit der Sehnsucht,
immer ist im Herzen Raum für mehr,
für Schöneres, für Größeres.
Das ist des Menschen Größe und Not:
Sehnsucht nach Stille, nach Freundschaft und Liebe.
Und wo Sehnsucht sich erfüllt,
dort bricht sie noch stärker auf.
Fing nicht auch Deine Menschwerdung, Gott,
mit dieser Sehnsucht nach dem Menschen an?
So lass nun unsere Sehnsucht damit anfangen,
Dich zu suchen,
und lass sie damit enden,
Dich gefunden zu haben.

Im Juli vor 10 Jahren startete nach meiner letzten Kaplans- und Jugendseelsorgestelle am Wetzlarer Dom in Limburg an der Lahn der Pilgerweg nach Santiago de Compostella. 84 Tage sind Alexander und ich diesen Weg gegangen. Nach 24 Tagen, also einen Tag vor dem Jakobstag bekamen wir Stress. In Saint-Jean-de-Losne um die Mittagszeit angekommen, hatten wir kein Kartenmaterial mehr, das Tourismusbüro geschlossen, keine Unterkunft. Zu allem Übel gingen wir zuerst 16 km am Kanal entlang in die falsche Richtung und wieder zurück. Fertig und gereizt durchwachten wir getrennt die Nacht. Am nächsten Tag war klar, entweder wir brechen gemeinsam ab oder gehen weiter.

Der Wunsch Gott auf diesem Weg weiterhin zu begegnen war größer.

Und so ist der Jakobustag für mich mein Sehnsuchtstag. Und am Jakobstag 2015 habe ich dieses Gedicht „gefunden“.

E ultreia! E sus eia! Deus aia nos!
Pfarrer Markus Schmidt