Osterpredigt unseres geistlichen Beistandes

Im Angesicht des Todes berichtet der Evangelist Markus vom Friedhofsgang dreier Frauen, die den Leichnam Jesu salben wollen, dabei erschrecken und fassungslos die Botschaft des Engels vernehmen. Wer von uns kann den Schrecken und das Entsetzten der Frauen nicht nachfühlen. Nach all dem, was tags zuvor in Jerusalem geschehen ist. Zumindest brauchten sie eine Zeit, um sich in der neuen Situation zurechtzufinden. Er ist nicht da, das können sie bezeugen, also muss er auf-gestanden sein, weg-gegangen, er ist ja nicht hier.

Nach den vielen Jahrhunderten ist unser Glaube an die Auferstehung für uns zu einem festen Glaubenssatz geworden, der von vielen nicht mehr hinterfragt wird. Von anderen wird er als unglaublich zurückgewiesen. Dabei dürfen wir uns den Glauben an die Auferstehung Jesu und die Hoffnung auf die Auferweckung der Toten auch nicht zu einfach machen. In den biblischen Zeugnissen von der Auferstehung Jesu wird immer wieder davon berichtet, dass die Jüngerinnen und Jünger erschrecken und fassungslos sind, wenn sie Jesus begegnen und ihn erkennen.

Darum wird im Osternachtsgottesdienst weit ausgeholt. Tatsächlich gibt es sieben alt. Lesungen und nur zwei aus dem Neuen Testament. Unser Glaube an die Auferstehung Jesu ist getragen von der jüdischen Überlieferung, dass Gott seine geliebten Kinder nicht im Stich lässt, auch nicht im Tod. Ohne dieses Bewusstwerden der Gottesbeziehung fehlt dem Auferstehungsglauben das Fundament.
Wenn wir heute der Welt die Frohe Botschaft von der Auferstehung Jesu und deren Bedeutung für unser Leben verkünden wollen, genügt es nicht, “Halleluja, Jesus lebt!” zu rufen. Auch genügt es nicht, darüber zu spekulieren, wie wahrscheinlich es ist, dass Jesus wirklich auferstanden ist. Ein derartiges Reden von der Auferstehung hinge genauso in der Luft wie die Botschaft des Engels im leeren Grab. Nochmals: die Frauen und dann auch die Jünger haben die Bedeutung erst nach und nach begriffen, als ihnen auf der Basis der alten heiligen Schriften bewusst wurde, dass es so kommen “musste” (Emmaus).

Darum hing die Zukunft unseres Glaubens zunächst einmal in der Luft. Nicht wenige Menschen können heute mit der Botschaft von der Auferstehung Jesu nichts anfangen. Manche weisen sie ganz von sich, andere bewundern zumindest aus der Außenperspektive unseren Glauben daran. Vielleicht liegt dabei eine Ahnung in der Luft. Wenn es uns doch nur gelänge, so vom Grund unseres Auferstehungsglaubens zu erzählen, dass es keine „heiße Luft“ ist! Wenn wir wahrhaft ausstrahlen könnten, dass unsere Hoffnung zutiefst darin verwurzelt ist und uns befähigt, uns weit nach dem Himmel auszustrecken. Damit der Blick nach oben nicht abgehoben von der Realität ist, sondern Ausdruck einer Gemeinschaft im Glauben, die uns trägt. So wie diese Installation über uns zeigt, zu welchem Kunstwerk wir in unserer Gemeinde fähig sind, wenn alle mittun, anpacken und andere mitnehmen. Ein Erweis dafür, dass unsere Überzeugung getragen ist durch den Glauben an Gott. Und dieser Gott es ist, der uns durch das Auf und Ab des Lebens begleitet, dass er uns in den Krisen des Lebens nicht im Stich lässt. Der Glaube lässt uns unser Leben in einem umfassenderen und größeren Zusammenhang sehen, so kann ich Zuflucht bei ihm nehmen, im Vertrauen auf ihn meine Zukunft planen und gestalten. Wir sind von einer Hoffnung getragen, die nicht stirbt.

Die gegenwärtigen Krisen Corona, Klima, Menschen auf der Flucht vor Hunger und Gewalt. Die Konflikte, Kriege und Diskriminierung, beispielsweise im Jemen oder Myanmar u.v.m, alles, was uns schwer zu schaffen macht, zeigt uns tagtäglich, dass wir es nur gemeinsam bewältigen können. Wir sind auf einander angewiesen und von einander abhängig.

Wenn wir auf die Geschichte unseres Glaubens schauen, erkennen wir, wie Gott sein Volk durch die Jahrhunderte hindurch getragen und geführt hat. Das gibt uns die Kraft, solidarisch zu handeln und zusammenzuhalten, auch wenn das bedeutet, auf so manches zu verzichten. Wir brauchen selbst dann nicht zu verzweifeln, wenn unser persönliches Leben ein unvorhergesehenes Ende nimmt. Wir wissen: Gott lässt seine geliebten Kinder nicht im Stich. Das Osterfest führt es uns am Beispiel Jesu und am Beispiel des Gottesvolkes vor Augen. So können wir aus vollem Herzen ein “Halleluja, Jesus lebt!” anstimmen und es in die Welt hineinrufen unter einem Himmel voller Tauben. Amen.

Markus Schmidt in der Osternacht 2021