Mein Lebensdurst
Auf dem Jakobsweg in der Nähe von San Sebastian. Wir sind früh losgegangen, doch jetzt im August ist es morgens schon sehr heiß. Das Gehen im hügeligen Gelände des Küstenweges nach Santiago de Compostella ist anstrengend und schweißtreibend. So sind die Wasservorräte schnell aufgebracht. Wir haben großen Durst und sind müde. Doch die nächste Quelle ist noch eine gute Wegstrecke weg. Also heißt es, Zähne zusammenbeißen und irgendwie weitergehen. Doch da kommen wir an einer Häuserreihe vorbei. Anwohner haben draußen Wasserflaschen und Stühle hingestellt für die Pilger. Eine Raststation! Was für ein Geschenk an diesem heißen Morgen! Anderthalb Jahre ist das her. Doch ich erinnere mich als wäre es gestern, wie toll das Wasser aus den Plastikflaschen geschmeckt und uns wieder fit gemacht hat. Und wie dankbar wir den unbekannten Spendern waren. In diesem Moment habe ich gespürt, was es heißt, durstig zu sein, wie ganz normales Wasser meinen Durst stillen kann und welche neue Lebensenergie es mir schenkt. Genau diese Erfahrung steht im Hintergrund des heutigen Evangeliums, das von der Begegnung Jesu mit einer samaritanischen Frau an einem Brunnen erzählt. Und schnell wird in der Geschichte klar, dass das frische Brunnenwasser zu einer Metapher wird und es im übertragenen Sinne um das Wasser geht, das den existentiellen Durst nach Leben stillt. Wäre das nicht etwas für diese Fastenzeit? In diesem Sinne frisches Wasser trinken, das mich zumindest für eine Zeitspanne aus müde machenden Alltagsroutinen herausführt und Neues für mein Leben entdecken lässt? Mein Vorschlag für die restliche Fastenzeit: Reservier dir in deinem Kalender vor Ostern einen Tag. Halt ihn dir komplett frei. Was immer du tun willst, nimm dir vor, an diesem Tag einmal aus deinem gewohnten Alltag mit seinen festen Abläufen und Selbstverständlichkeiten auszubrechen. Probier zum Beispiel etwas aus, was du bislang noch nicht getan hast. Mach etwas, worauf du immer schon Lust hattest, aber bisher aus welchen Gründen auch immer hinaus geschoben hast. Entdecke einen Ort, den du noch nicht kennst. Riskier ruhig etwas dabei und scheu dich nicht, wenn es anstrengend wird. Nimm dir dann am Abend des Tages Zeit zur Rückschau: Was habe ich erlebt? Wem bin ich begegnet? Was hat mich besonders belebt? Zum Nachlesen: Johannes 4,5-42 Andreas Ruffing |
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