Weihnachtsgrüsse 2023

Gottes Sehnsucht: der Mensch
„Alles beginnt mit der Sehnsucht. Immer ist im Herzen Raum für mehr, für Schöneres, für
Größeres. Das ist des Menschen Größe und Not: Sehnsucht nach Stille, nach Freundschaft
und Liebe. Und wo Sehnsucht sich erfüllt, dort bricht sie noch stärker auf. Fing nicht auch
deine Menschwerdung; Gott, mit dieser Sehnsucht nach dem Menschen an? So lass nun
unsere Sehnsucht damit anfangen, dich zu suchen, und lass sie damit enden, dich gefunden
zu haben.”
Mit diesem Gedicht von Nelly Sachs möchte ich Sie einladen Weihnachten zu feiern, sich auf
Gottes Sehnsucht einzulassen, um damit wie er selbst auf die Begegnung mit den Menschen
zu setzen. Wir leben in einer Zeit, wo Vorurteile und Abgrenzungen Ängste schüren,
Gefahren herbeigeredet werden und dabei mehr und mehr aus dem Blick gerät, dass wir alle
Menschen sind mit Gefühlen, Bedürfnissen und unseren eigenen Leidensgeschichten. Und
hier setzt Weihnachten an, über die Herkunft und Religion des Menschen mit all seinen
Facetten hinaus. Gesandt zu Begegnungen, die das Leben teilen. Unser Leben ist auf
Beziehungen und Begegnungen angelegt, die durch Nähe und Distanz entstehen. Vielfach
erleben viele Beziehungskrisen und tragen voller Sehnsucht eine Frage im Herzen: Wie kann
ich ein Leben führen, das mich erfüllt? Nach menschlicher Nähe sehnen sich alle. Und viele
hoffen, dass wenigstens einmal im Jahr, an Weihnachten, die ganze Familie
zusammenkommt, samt Kindern und Jugendlichen, die es ja meist nach draußen zieht. Eine
tiefe Sehnsucht steckt dahinter: die Sehnsucht nach Nähe, nach Geborgenheit und
Vertrautheit. Gerade in unserer Zeit empfinden viele diese Sehnsucht besonders stark, eben
weil sie trautes Beisammensein vermissen. Wenn der moderne Lebensstil mitunter die
Familie auseinanderreißt und jeder seinen eigenen Weg geht, wenn die Beziehung zwischen
Eltern und Kindern oder in der Ehe auseinanderbricht, zeigt das Weihnachtsevangelium auf
das Kind in der Krippe. Hier sucht Gott unsere Nähe, und eröffnet einen Weg des
Neuanfangs, wie eine Geburt ein Neuanfang ist. So begegnet uns Gottes Sehnsucht im
Geheimnis der Heiligen Nacht. Auch wenn es weiterhin Kriege, Hungersnöte, Betrügereien
und Ungerechtigkeiten gibt, es sind Menschen die darunter leiden und Menschen, die diese
Nöte verursachen. Und doch bleiben und sind wir seine Menschen, nach denen Gott sich
sehnt.
Frohe Weihnachten!
Markus Schmidt, Pfarrer in St. Josef, Frankfurt am Main